Presseartikel

RNZ vom 12.11.2024

„Frauenpower auf altem Pergament“

Von Manfred Bechtel

Die St. Vituskirche – hier ein Bild von 1913 – war einst im Besitz des Mainzer Domkapitels, worauf zwei Steine im Kreuzrippengewölbe hinweisen (unten links). Sie taucht bereits im Lorscher Kodex (unten rechts) auf. Fotos: Stadtarchiv Heidelberg/Staatsarchiv Würzburg/Bechtel

       

 

 

In Handschuhheim ist ein Jubiläumsjahr zu Ende gegangen. Es erinnerte daran, dass seit 1250 Jahren eine Kirche am Ort urkundlich belegt ist. Jetzt wurde bei der „Finissage“ der Schlusspunkt unter das Festprogramm gesetzt. Als die Fahnen eingeholt wurden, konnte Hanno Roters in der altehrwürdigen St. Vituskirche eine zahlreiche Gemeinde begrüßen. Im Namen der Katholischen Stadtkirche Heidelberg dankte er allen, die bei der Gestaltung des Jahresprogramms mitgeholfen hatten. Den Festvortrag hielt Bernd Schneidmüller; er ist Seniorprofessor an der Universität Heidelberg mit Schwerpunkt Mittelalterliche Geschichte. Sein Thema: „774 – 2024. Als Handschuhsheim und seine Kirche in die Geschichte kamen“. Mit Cello-Klängen von Johann Sebastian Bach stimmte Johanna Leitz auf den besinnlichen Abend ein.

„Wie ein kleiner Lichtblitz aus dunkler Vergangenheit leuchtet der Name einer Frau!“, weckte Schneidmüller die Neugierde seiner Zuhörerinnen und Zuhörer: Diese Frau stand am Anfang der Handschuhsheimer Kirchengeschichte. Sie schenkte dem Kloster Lorsch einen Weingarten neben der Kirche des heiligen Nazarius. Dies ist der erste Beleg für eine Kirche am Ort und gleichzeitig die zuerst genannte Kirche im heutigen Heidelberger Stadtgebiet. Vermutlich setzte die Spenderin lediglich ein Kreuz unter die lateinische Urkunde, mit der auch Ackerland und Höfe in Handschuhsheim an den Lorscher Klosterheiligen Nazarius und die Lorscher Mönchsgemeinschaft übertragen wurden. Stolz und selbstbewusst nennt sie ihren Namen: „Ich Regindrudis“. Für Schneidmüller ist das „Frauenpower des Jahres 774“ auf altem Pergament.

„Handschuhsheim gehört zu den frühesten Orten weit und breit, die es in die schriftliche Überlieferung geschafft haben“, urteilte der Geschichtswissenschaftler. Dabei existierten diese Ortschaften schon längst, bevor ein geistlicher Schreiber zu Pergament und Feder griff, um den Ortsnamen aufzuschreiben. Auch gab es schon vor den ersten Nennungen Christinnen und Christen am Ort; aber erst die Schenkungen an das Kloster Lorsch brachte sie in die Urkunden.

Seinen spektakulären Start und seinen rasanten Aufstieg verdankte das Kloster an der Weschnitz den Gebeinen des heiligen Nazarius. Er war römischer Soldat gewesen und hatte bei den Christenverfolgungen des Kaisers Diokletian vermutlich im Jahr 304 das Martyrium erlitten. 461 Jahre später sorgten seine Reliquien für das Aufblühen des Christentums östlich des Rheins. Seine Verehrung verbreitete sich rund um Lorsch; auch die Kirche in Handschuhsheim wurde ihm geweiht. 778 wird sie in einer Schenkung noch einmal erwähnt. „Wenn die Kirche überhaupt am Platz der heutigen Vituskirche stand, so befand sie sich in ungewöhnlicher Lage am südlichen Rand des Dorfes“, sagte Schneidmüller. „Diese Platzierung führte zur Vermutung, dass es sich um ein Gotteshaus zur Versorgung eines Herrenhofs in Handschuhsheim gehandelt haben könnte, der später an das Kloster Lorsch fiel. Tatsächlich wissen wir leider nicht sicher, ob unsere Vituskirche auf den Fundamenten der Nazariuskirche aus dem 8. Jahrhundert steht.“

Weil schreibkundige Mönche auf Tausenden von Pergamentzetteln jeden Acker für die Ewigkeit festhielten, kamen im Laufe der Jahrhunderte in Lorsch viele Schenkungsurkunden zusammen. Am Ende des 12. Jahrhunderts ordneten die Mönche dann diese Originale – darunter mehr als 100 mit Handschuhsheimer Besitz – und schrieben sie ab. So entstand der Lorscher Codex. Er ist auch deshalb so wertvoll, weil die Originalurkunden der ersten 400 Jahre untergingen.

Die allermeisten frühen Orte unserer Region sind im Lorscher Codex erstmalig bezeugt. „Überall dort konnte man seit 1965 1200 Jahre Ersterwähnung feiern und seit 2015 folglich 1250 Jahre“, erinnerte Schneidmüller. Die erste Schenkung in Handschuhsheim wurde schon 765 niedergeschrieben, der Schenker eines Weinbergs hieß Sigewinus; er ist somit der erste namentlich bekannte Handschuhsheimer Christ. 774 war dann die genannte Regindrudis mit ihrem Wingert neben der Nazariuskirche an der Reihe. „Regindrudis brauchte ihren Mann Amanoldus nicht, damit er für sie handelte“, urteilte Schneidmüller, immerhin reichte sie die fromme Gabe zum Seelenheil auch ihres Mannes. Auch an ihre Tochter Theuda dachte sie und schenkte für deren Seelenheil einen Morgen Land und einen Hofanteil. „Diese Kleinfamilie Mutter, Vater, Kind begegnet uns – wie in einer Sternschnuppe – nur in dieser einen einzigen Urkunde“, sinnierte Schneidmüller. „Nur die Namen geben uns eine vage Ahnung von den Menschen hier in Handschuhsheim. Neue Erkenntnisse gibt es dagegen über die damalige Sozialstruktur. „Früher dachten wir, dass fast alle als Knechte in großen Grundherrschaften unfrei waren, Frondienste leisten mussten, jetzt entdecken wir, dass es eine breite Grundbesitzerschicht von eher kleinen Grundherren gab.“

Für die Schenkungen gewährten die Klöster in der Regel Gegenleistungen, im Falle Lorsch sind solche allerdings nicht festgehalten. „Oft überließen die Mönche den Stiftern ihre geschenkten Güter auf Lebenszeit zum Nießbrauch oder sogar zur Vererbung an die Kinder. Grundherr war natürlich der Schutzheilige des Klosters, aber Nutznießer blieben die Schenker“, sagte Schneidmüller.

Noch ein anderer Vorteil ergab sich für die Schenker: Im Kriegsfall musste jeder freie Franke persönliche Heeresfolge leisten und für seine militärische Ausrüstung selbst sorgen. Für kleine Bauern wurden deshalb die alljährlichen Feldzüge ihrer Könige ruinös. Das Aufgebot begann im März, und erst im späten Herbst kamen die Krieger wieder nach Hause. Für die Feldarbeit und Ernte fielen die wehrfähigen Männer deshalb aus. Hier half der Gang in die Grundherrschaft und damit in die Unfreiheit, denn unfreie Bauern durften zu Hause bleiben. Dafür stellten die großen Grundherren bestens trainierte und hochgerüstete Berufskrieger für das königliche Heer.

Das Kloster Lorsch war wohl der wichtigste Landbesitzer in Handschuhsheim. Die über 100 Schenkungen boten eine solide Basis am strategisch wichtigen Weg zum Neckarübergang zwischen Neuenheim und Bergheim. Zudem sicherte Lorsch seine Position im Neckartal durch den Aufbau zweier Klöster auf dem Heiligenberg. Im Dorf selbst baute der Lorscher Abt Arnold in den 1050er Jahren eine Kirche.

Die Tragödie des reichen und mächtigen Lorsch kam im Jahr 1232: Durch Weisung von Papst und Kaiser fiel das Kloster dem Erzbischof von Mainz zu; damit waren seine Glanzzeiten vorbei. Auch die Pfarrkirche von Handschuhsheim gelangte in den Besitz des Mainzer Domkapitels. Dessen Zeichen sind noch heute im Kreuzrippengewölbe des alten Chores zu entdecken: zwei Schlusssteine, einer davon mit Mainzer Rad.

 Bernd Schneidmüller. Foto: Bechtel

Noch zu beantworten, so Schneidmüller, bleibe die Frage, warum es zur Umbenennung der Kirche von Nazarius zu Vitus kam. Der heilige Vitus tauchte bald nach der Mainzer Übernahme in der Überlieferung des Klosters Schönau auf. Es war allerdings nur eine Ortsbezeichnung, keine Kirche. Die „neuen“ Handschuhsheimer Kirchenheiligen Vitus und Georg erscheinen 1496 in einem Wormser Verzeichnis. „Wie sie zu diesem Gotteshaus kamen, wissen wir leider nicht“, räumte Schneidmüller ein.

RNZ vom 14.10.2024
Zeugen früherer Zeiten: Gedenksteine auf den Bergen
Zweiter und letzter Teil der Reihe, die zum Erkunden in den Stadtwald einlädt – Dieses Mal nördlich des Neckars / Von Manfred Bechtel
Der Heidelberger Wald ist voller Geschichte und Geschichten. Aber vieles ist nahezu vergessen, manchmal erinnern Gedenksteine. Doch eingemeißelte Schriften geben – wenn überhaupt – nur knappe Hinweise. Die RNZ hat nachgeforscht, um die Geheimnisse der stummen Zeugen zu entschlüsseln. Im Juli hat der „Blick in die Stadtteile“ Gedenksteine im Stadtwald südlich des Neckars vorgestellt, jetzt sind fünf Erinnerungsorte nördlich des Neckars im Blick. Es sind nicht die ins Auge fallenden Plätze wie das Michaelskloster oder die Thingstätte, sondern eher unauffällige Plätze; ein Gedanke war, dass sie etwas zu erzählen haben: Wie die Kelten eine mächtige Stadt bauten oder die Römer einen heiligen Bezirk einrichteten. Was hat es mit den beiden verschwundenen Dörfchen auf sich? Wie kam es zu dem Scharmützel zwischen badischen Freischaren und preußisch-geführten Truppen? Die beschriebenen Orte mögen als Anregung für eine herbstliche Wanderung dienen. Zur Auffindung ist der Heidelberger Stadtplan hilfreich, auf Papier oder digital (https://geoweb.heidelberg.de/geoportal/). Die Angaben beziehen sich jeweils auf die Planquadrate des Stadtplans.

 

Die keltische Höhensiedlung

Eine mächtige keltische Höhensiedlung nahm seit dem fünften vorchristlichen Jahrhundert die beiden Kuppen des Heiligenberges ein, geschützt von einem doppelten Mauerring. Die Verteidigungsanlage ist weitgehend verfallen und mit ungeübtem Auge nur noch schwer zu erkennen.

1920 zeichnete Heinrich Hoffmann dieses Bild der Trümmer am Berg. Foto: Stadtarchiv

Zeugen früherer Zeiten: Gedenksteine auf den Bergen

Daher sind die zahlreichen Hinweissteine im Gelände eine große Hilfe. Aufgestellt wurden die meisten vor fast einhundert Jahren. Damals gab es einen Fonds „Gedenksteine“ bei der Städtischen Sparkasse, und der hatte reichlich Zuwendungen erhalten, das geht aus Unterlagen des Stadtarchivs hervor. Aus diesen Mitteln wurden in größerer Anzahl Gedenksteine in der Stadt und auch auf dem Heiligenberg in Auftrag gegeben.

Ein Stein weist auf die keltischen Ringwälle hin Foto:Bechtel

In dem Rechenschaftsbericht von 1933 heißt es: „an 13 Kreuzungsstellen der Wege mit den Ringwällen wurden Gedenksteine in Form von eingemauerten Tafeln oder Stellplatten eingesetzt. Die Tafeln haben die Aufschrift: Vorgeschichtliche befestigte Siedelung -Aeußerer – Innerer – Ringwall. Angelegt von den Kelten gegen die vordrängenden Germanen etwa 100 Jahre vor Christus“. Jedoch stellte sich die Zeitangabe als falsch heraus. Weil man in Stein gemeißelter Fehler aber nicht so einfach ausradieren kann, wurden die Platten ausgetauscht und die Zeit in „400 Jahre vor Christus“ geändert. Nicht geändert wurde der Hinweis auf die „vordrängenden Germanen“, dabei gibt es für sie keinen Beleg; die Wälle dürften lange vor ihrem Auftauchen konzipiert worden sein. Vermutlich sind die „Germanen“ dem Zeitgeist der 1930er Jahre entsprungen. Auch wenn die Aufschrift nicht mehr dem Stand der Forschung entspricht, sind die historischen Steine selbst erhaltenswerte Denkmäler geworden.

Archäologischer Wanderweg auf den Spuren der Kelten. Foto: Bechtel

Wer aber mehr erfahren will, kann auf dem „Keltenweg“ wandern. Dieser wurde von der Stadt Heidelberg und der Schutzgemeinschaft Heiligenberg angelegt. Seine Tafeln vermitteln Einblicke in die Welt der frühen Bergbewohner. Wie die imposante Verteidigungsanlage aussah, davon werden sich die Besucher bald überzeugen können, denn „ein Stück der Keltenmauer wird visualisiert“, erklärt Architekt Bert Burger, der mit dem Bau des Modells in Echtgröße beauftragt wurde. „Die Aufnahme des Berges in das Keltenprogramm des Landes Baden-Württemberg macht dies finanziell möglich. Ende dieses Jahres wird das imposante Teilstück zu besichtigen sein.“ – Start des „Keltenweges“ bei der Waldschenke; Planquadrat E 10. Einer der Hinweissteine steht (von Handschuhsheim kommend) links der Straße auf den Heiligenberg, kurz vor dem Heidenloch.

Der Merkurtempel

Die Umrisse des römischen Tempels sind im Boden der Michaelsbasilika eingelassen (Foto oben). Foto: Bechtel

Die Römer prägen die nächste geschichtliche Epoche auf dem Berg. Doch davon ist heute vor Ort fast nichts zu sehen. Eine Spur findet der Besucher beim Gang durch die Mauerreste der Michaelsbasilika: Im Erdreich sind die Umrisse eines römischen Tempels eingelassen. Besser überblickt man die Lage von einem der beiden Türme. Das Gipfelheiligtum war dem Gott Merkur geweiht, es stand um die Mitte des zweiten Jahrhunderts in einem heiligen Bezirk mit weiteren Kultgebäuden. Innen war es farbig ausgemalt, außen erweckte der rote Fugenstrich den Eindruck von stattlichem Mauerwerk, das konnten die Archäologen aus den Putzresten im Schutt schließen. Ebenfalls zum Vorschein kamen zwei hauchdünne, briefmarkengroße Fetzen von Silberblech: Weihegeschenke an den Gott Merkur, den Götterboten und Seelengeleiter (wie später in christlicher Zeit auch der Erzengel Michael). Auch schon in früheren Jahrhunderten dürften Schatzgräber solche silbernen Fetzen gefunden haben. So wird die Sage von den dort vergrabenen silbernen Aposteln entstanden sein. – Grundriss des Tempels im Mittelschiff der Basilika; Quadrat D 10.

Hillenbach

Der Gedenkstein erinnert an die aufgegebene Stadt Hillenbach. Foto: Bechtel

Wer einen Bergstraßen-Spaziergang zwischen Handschuhsheim und Dossenheim macht, überquert etwa auf halber Strecke einen Bach, den der Stadtplan – jedenfalls in seinem unteren Verlauf – als „Höllenbach“ ausweist. Der Bach ist leicht zu übersehen, denn zumeist ist er nur ein Rinnsal in einem gemauerten Graben und versiegt oft ganz. Seinen Namen trägt er zu Unrecht, die Hölle hätte man sich anders vorgestellt als das schattige Waldtal, dem der Bach entspringt. Dass er einmal durch ein Dorf plätscherte, davon ist in der Landschaft keine Spur mehr zu erkennen. Dank der Schutzgemeinschaft Heiligenberg gerät nicht ganz in Vergessenheit, dass hier einmal Menschen gelebt haben: „Hier lag der aufgegebene Ort Hillenbach (767 – 1295)“, ist auf dem Gedenkstein eingemeißelt, den die Schutzgemeinschaft am „Höllen“bachweg, kurz vor dem Handschuhsheimer Schützenhaus, aufstellen ließ. Der erste Teil des überlieferten Dorfnamens Hillenbach ist verwandt mit den Bezeichnungen „Helle oder Helde“, die auch anderswo in Ortsbezeichnungen vorkommen und geneigtes, abschüssiges Gelände bedeuten – wie auch das englische „hill“ (Hügel). Erstmals genannt ist das Dorf im Jahr 767 in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Lorsch; in der Folgezeit sind weitere Schenkungen im Lorscher Codex verzeichnet. Die Gemarkung lag talseitig an einem Fluss namens Ulvana/Ulvina, „vermutlich ein Arm des eiszeitlichen Bergstraßenneckars […], der bei Ulvinisheim (heute Ilvesheim) in den Hauptneckar mündete“, schreibt der Handschuhsheimer Heimatforscher Eugen Holl. 1295 wird der Ort letztmals genannt, bald darauf dürfte er aufgegeben worden sein. Wassermangel oder kriegerische Ereignisse könnten Gründe sein. Für einen vermuteten verheerenden Brand gibt es keinen Beleg. Die Flurstücke wurden der Gemarkung Handschuhsheim zugeschlagen, dort ließen sich auch die Bewohner nieder. – Der Gedenkstein steht am Höllenbachweg, unterhalb des Handschuhsheimer Schützenhauses; Planquadrat C 9.

Dagersbach

In der Hölderlinanlage am östlichen Philosophenweg liegt ein Gedenkstein, auf dem ein Dorfkirchlein mit spitzer Turmhaube eingraviert ist. „Hier stand einst die Engelskirche der aufgegebenen Siedlung Dagersbach“ lautet die Inschrift; die Schutzgemeinschaft Heiligenberg hat den Stein gestiftet. 1094 war die Ansiedlung im Lorscher Codex erstmals genannt worden. Sie erstreckte sich das Tal hinunter bis zum Neckar; den Mittelpunkt bildete ein Meierhof des Klosters Lobenfeld auf dem Gelände des heutigen Hotels Hirschgasse, am Talausgang lag eine Mühle. 1286 ist Dagersbach letztmals erwähnt; die Gemarkung wurde der Gemeinde Neuenheim einverleibt. Die kleine Kirche am oberen Ende des Tales könnte Etappe auf dem Pilgerpfad zu den Klöstern des Heiligenbergs gewesen sein. Beim Ausbau des Philosophenwegs kamen Gräber des Friedhofs und Spitzbogen von Kirchenfenstern zu Tage. Einer alten Sage zufolge hatte das Kirchlein keine Glocke, daher musste der Kirchendiener mit einer eisernen Pflugschar zum Gottesdienst rufen. Eines Nachts sei wundersamerweise Glockengeläut zu hören gewesen und Lichtschein aus den Kirchenfenstern gedrungen. Drinnen waren Engel, die bald in einer Prozession zur nahen Wiese zogen. Als Dank für die geschenkten Glocken wurden Kirche und Wiese nach den Engeln benannt.

Die Engelskirche, auf dem Gedenkstein, dargestellt nach einer alten Abbildung. Foto: Bechtel

Hinter dem Gedenkstein steht zum Philosophenweg hin noch eine Mauer, wohl Rest der Kirche oder einer neuzeitlichen Nutzung. Als diese aufgegeben wurde, diente das Gemäuer allerhand Volk als Unterschlupf. Auch der bekannteste Odenwälder Räuber, der Hölzerlips, soll mit seinen Kumpanen hier genächtigt haben. Bald darauf wurde er gefasst und mit einigen Mittätern 1812 in Heidelberg enthauptet. – Der Gedenkstein für die Engelskirche liegt in der Hölderlinanlage am östlichen Philosophenweg, Planquadrat E 11.

Freischarenschanzen

„Freischaren Schanze 1849“ steht auf dem Sandsteinfindling, ein paar Schritte entfernt vom „Zollstock“ und der Schlossblick-Hütte. Folgt man dem Pfeil ins Gebüsch, dann kann man im Unterholz noch Gräben und aufgeworfene Erdwälle erkennen. In der badischen Revolution waren sie von der Volkswehr angelegt worden. Auch den Heidenknörzelweg sollte eine Schanze sichern, eine weitere findet sich bei der Odenwaldhütte.

Zur Freischarenschanze: eine Erinnerung an die badische Revolution. Foto: Bechtel

Am 21. Juni rückten preußische Truppen mit einem Erkundungsauftrag von Schriesheim her über die Höhenstraßen durch den Wald auf Heidelberg vor, ohne an den Schanzen auf Widerstand zu treffen. Ein Teil des Kontingents blieb hier, die anderen marschierten weiter in Richtung Heidelberg, das von Truppen der Freischaren gehalten wurde. Als sie etwa die heutige Hölderlinanlage am Philosophenweg erreichten, kam es zu Schusswechseln mit den Verteidigern unten auf der Alten Brücke. Es wurde „kanoniert und gepülvert“, schrieb Gottfried Keller, Augenzeuge des Gefechts, und weiter: „Sie schossen in unsere Gassen herein, über 2000 Schritt weit und ein Soldat fiel tot um, nicht weit von mir, auf der Brücke. […] Die Preußen haben halt auch Scharfschützen.“ Mittlerweile war oben an den Schanzen die Odenwälder Volkswehr angekommen und lieferte sich an der Holdermannseiche ein Gefecht mit den dort zurückgebliebenen Preußen. Auf badischer Seite gab es Tote.

Auf den Fortgang der Revolution hatten diese Nebenschauplätze keinen Einfluss. Dagegen brachte die Niederlage der Revolutionäre bei Waghäusel am selben Tag eine wichtige Wende. In der Folge war der Heidelberger Stadtkommandant einsichtig genug, die Stadt zu schonen und kampflos abzuziehen. Am 23. Juni rückten die Preußen von Westen in Heidelberg ein.

Einer der Hauptleute der Freischaren an den Schanzen war der Altneudorfer Volksschullehrer Karl Höfer. Er wurde festgenommen und in Mannheim vor ein Standgericht gestellt. Am 16. August wurde er wegen Hochverrats zum Tode durch Erschießen verurteilt. Auf seine Bitte wurde das Urteil sofort vollstreckt. – Hinweissteine auf zwei Schanzen im Quadrat D 11.

Info: Verwendet (Auswahl): Renate Ludwig und Peter Marzolff: Der Heiligenberg bei Heidelberg. Eugen Holl: Jahrbücher Handschuhsheim 2015 und 2021. Hans-Martin Mumm: Die Freischarenschanze auf dem Heidenknörzel. In: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 2014.

 

RNZ vom 17.09.2024

St.Vitus feiert 1250-jähriges Jubiläum

Die älteste Kirche im Heidelberger Stadtgebiet – Mit den Wandmalereien in der Kirche kam die Renaissance nach Heidelberg / Von Manfred Bechtel

Die Handschuhsheimer St.-Vitus-Kirche ist zum Jubiläum nur dezent mit einem Banner am Kirchturm geschmückt. Innen finden sich die Heiligendarstellungen (v.1.): Jakobus der Ältere mit Wanderstab; Wendelin, Schutzheiliger der Bauern und Viehzüchter, mit dem Hirtenstab; der Kreuzweg Jesu; Odilia, Schutzheilige bei Augenleiden, mit Brille in der Hand und Apollonia, Schutzheilige bei Zahnkrankheiten, mit Zange und gezogenem Zahn. Fotos: Bechtel

Die Handschuhsheimer St.-Vitus-Kirche ist zum Jubiläum nur dezent mit einem Banner am Kirchturm geschmückt. Innen finden sich die Heiligendarstellungen (v.I.): Jakobus der Ältere mit Wanderstab; Wendelin, Schutzheiliger der Bauern und Viehzüchter, mit dem Hirtenstab; deis Kreuzweg Jesu; Odilia, Schutzheilige bei Augenleiden, mit Brille in der Hand und Apollonia, Schutzheilige bei Zahnkrankheiten, mit Zangel und gezogenem Zahn. Fotos: Bechtel

Heidelbergs ältestes Gotteshaus steht in Handschuhsheim; im Jahre 774 wurde es erstmals urkundlich erwähnt. Im Gedenken daran feiern in diesem Jahr katholische und evangelische Christen das Jubilaum „St.Vitus – St. Nazarius: 1250 Jahre Christen in Handschuhsheim“. Die Kirche, die heute den Namen des heiligen Vitus trägt, war ursprünglich dem heiligen Nazarius geweiht, einem römischen Soldaten. Diese Namensgebung weist auf das Kloster Lorsch hin: Es hatte Gebeine des frühen Märtyrers als Schenkung erhalten; diese Reliquien begründeten Reichtum und Einfluss des Klosters, denn begüterte Menschen, die ihren Platz im Himmel sichern wollten, stifteten den Mönchen zahlreiche Besitztümer. So auch der edle Regintrud, der „im sechsten Jahre der Regierung Karls“ dem Kloster Acker und einen Weinberg neben der Kirche „in Hantscuesheim“ schenkte.

Im Jahr der Schenkung stand das aus Stein erbaute Kirchlein vermutlich schon. Im Laufe der Jahrhunderte wurde mehrfach gebaut, erweitert, renoviert (siehe Kasten ‚Baugeschichte‘). Eine Überraschung hielt die Renovierung zu Beginn des letzten Jahrhunderts bereit: 1911 kamen unter dem Putz Wandmalereien zum Vorschein, die ab 1400 entstanden waren, die aber bereits zu Ende desselben Jahrhunderts wieder übertüncht oder überputzt wurden.

Am Tag des offenen Denkmals fanden Führungen über Geschichte und Gegenwart des Gotteshauses großen Zuspruch. Im Mittelpunkt standen die historischen Wandmalereien und deren geplante Instandsetzung. Dazu ist in der St.-Vitus-Kirche derzeit auch eine kleine Ausstellung aufgebaut. Hanno Roters, Architekt im Erzbischöflichen Bauamt und Mitglied im katholischen Gemeindeteam, führte mit Vorträgen sachkundig und unterhaltsam in das Thema ein. Der Bilderzyklus an der Südwand der Kirche zeigt Stationen des Lebens Jesu von der Geburt bis zur Kreuzigung. An der Westwand führt eine Darstellung des Jüngsten Gerichtes vor Augen, wie die Seelen am Ende ihres irdischen Daseins – je nach Lebenswandel – den Weg in den Himmel oder in die Hölle antreten. Die Bilder eröffnen einen Blick in die Frömmigkeit des ausgehenden Mittelalters, als die einfachen Leute weder lesen noch schreiben konnten: Während der Gottesdienste in lateinischer Sprach konnte sie so an der biblischen Botschaft teilhaben, durch Betrachten frommer Comics, könnte man sagen. Auf eine kleine Sensation, die man in einer Dorfkirche kaum erwartet hätte, machte Hanno Roters aufmerksam: „Wenn wir die Bilder genauer betrachten, sehen wir, dass der Raum dargestellt wird, wir sehen Perspektive! Seit der Antike war die Perspektive nicht mehr bekannt. Es ist gewiss kein Zufall, wenn 1386 in Heidelberg die Universität gegründet wird und diese Bilder kurze Zeit später hier entstehen: Die Universität ruft Gelehrte und Scholaren nach Heidelberg. Die kommen aus Parma, aus Bologna, aus Siena. Ich glaube, es ist nicht vermessen zu sagen, dass hier die Renaissance nach Heidelberg kommt!“ Dass in der Dorfkirche Neues entsteht, zeigt auch ein Blick in die ausdrucksvollen Gesichter von Jesus und Maria. „Da wird der Mensch als Individuum sichtbar“, sagte Roters, „das war die Jahrhunderte zuvor anders.“

Aufgetragen wurden die Malereien einige Zeit nach dem Verputzen auf den trockenen Putz, was sie zu „Seccos“ macht, im Gegensatz zu Fresken, die als „Frescos“ auf den frischen Kalkputz gemalt werden. Allerdings ist das biblische Bilderbuch nur zum Teil erhalten: „Sie werden fragen: Wo sind all die Wunder Jesu?“, gab Roters zu bedenken und antwortete selbst: „Die waren vermutlich auf der gegenüberliegenden (Nord-)Wand, die abgerissen wurde.“

Zum Leidwesen der heutigen Betrachter waren auch die erhaltenen Bildfriese schon bald nicht nur überputzt, sondern durch große Fensterdurchbrüche teilweise zerstört worden. Nach der Freilegung zehrten problematische Konservierungsversuche weiter an der Substanz, die jetzt durch eine sachgemäße Instandsetzung gesichert werden soll. Zum Glück gibt es da noch die Heiligendarstellungen in den beiden kleinen romanischen Fensternischen: Wendelin, Jakobus der Ältere, Apollonia und Odilia. Sie wurden erst 1961 freigelegt und sind weit besser erhalten. Mit ihrer Farbigkeit und ihren Konturen haben sie eine Ausstrahlung, die man bei den anderen Abbildungen nur noch erahnen kann.

Über die zur Restaurierung geplanten Maßnahmen berichtete Susanne Schreiber, zuständige Architektin vom Erzbischöflichen Bauamt Heidelberg: Im nächsten Jahr wird das Fundament im Außen-bereich freigelegt. Ein Kiesstreifen samt Drainage soll aufsteigende Feuchtigkeit vermindern. Im Innenbereich werden Kompressen auf den Putz gebracht, die wie Löschpapier wirken: Sie ziehen schädliche Salze teilweise aus dem Putz. Zur Konservierung werden die Malereien dann zunächst gereinigt, nachträgliche Anstriche werden – so weit möglich – entfernt. Dann wird versucht, über Retuschen diese Bilder etwas zusammenhängender erscheinen zu lassen; es wird aber nichts dazu-gemalt, lediglich klare Fehlstellen werden retuschiert. Ziel ist Festigung und Erhalt des Bestehenden. Die Führungen in der St-Vitus-Kirche fanden im Rahmen des ökumenischen Jubiläumsjahres„1250 Jahre Christen in Handschuhsheim“ statt, organisiert von der katholischen Stadtkirche und der evangelischen Friedensgemeinde Handschuhsheim. Ebenfalls beteiligt war der Stadtteilverein Handschuhsheim. Durch das Kirchengebäude führten Gästeführerin Beverley Mühlbauer vom Stadtteilverein. Befunduntersuchung und Restaurator Ekkehard Fritz.

Info: Zu den Malereien und deren Instandsetzung ist in der Vitus-Kirche eine kleine Ausstellung aufgebaut.Kirche und Ausstellung sind täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Die Finissage ist am 27. Oktober: Um 19 Uhr werden die Festfahnen eingeholt, es folgt eine musikalische Einleitung und um 19.30 Uhr der Festvortrag von Prof. Schneidmüller über die Kirchenhistorie.

Baugeschichte:

  • um 760 entstand vermutlich die erste Kirche in Handschuhsheim
  • 774 erste urkundliche Erwähnung, die Kirche ist St. Nazarius geweiht, dem Patron des Lorscher Klosters
  • 1053 – 1057 frühromanischer Neubau
  • Um 1200 Erweiterung zur dreischiffigen Basilika
  • 1267 ist erstmals der heilige Vitus als Patron in der Gemarkung genannt
  • 1460 Teilweiser Einsturz des Turmes aufgrund von Kriegszerstörungen
  • 1470 Stiftung eines Augustinerinnenklosters durch Diether von Hand-schuhsheim
  • 1483 Erweiterung der Kirche, gotischer Chor und Nonnenempore
  • 1650 Vituskirche wird Simultan-kirche
  • 1908 Bau der evangelischen Friedenskirche, zuvor hatte die überkonfessionelle Nutzung geendet
  • 1911 wurden Wandmalereien des 15. Jahrhundert freigelegt
  • 1933 Kirchenerweiterung, Haupt-zugang jetzt von Süden. Pläne: Franz Kuhn. Bis heute folgt eine Reihe von Renovierungen und Sanierungen. bec

Unter der Kapelle liegt eine Gruft

Bauhistoriker Bert Burger über den Zusammenhang zwischen Kloster und Kirche

bec. Ohne den Heiligenberg ist die frühe Kirchengründung in Handschuhsheim nicht denkbar. Darauf weist Bert Burger, der Vorsitzende der Schutzgemeinschalt Heiligenberg, hin.

> Herr Burger, wie kam es, dass in dem Dörfchen Handschuhsheim die erste Kirche auf heutigem Heidelberger Stadtgebiet gebaut wurde?

Auf dem Heiligenberg gab es im 7. Jahrhundert eine fränkische Burganlage. Den kleinen Tempel, den die Römer hinterlassen hatten, bauten die Burgleute zur Kapelle um. Auch unten in Handschuhsheim wurde eine Kapelle gestiftet. Das war um 760. Es war damals Sitte weltlicher Herrscher, Kapellen zu stiften, um sich einen Platz im Himmel zu sichern. In der Burg waren natürlich auch Mönche; die gingen runter ins Dorf und haben missioniert. So entstand die älteste Pfarrei des heutigen Heidelberg, deren 1250-jähriges Bestehen wir feiern.

> Die Kapelle war also eine weltliche Stiftung?

Ja, es war zunächst eine weltliche Gründung, fränkische Könige haben sie gestiftet. Das Entscheidende ist: Der Impuls ging vom Berg hinunter ins Tal. Wenige Jahre später hat Lorsch dann die Kirche bekommen.

> Wo lag diese Kapelle?

Das ist nicht ganz sicher, aber wir vermuten, dass es die Nikolauskapelle neben dem „Alten Chor“ der heutigen St.-Vitus-Kirche war. Das Interessante ist, dass man von außen hinuntergeht in eine, wie die Handschuhsheimer sagen, „Gruft“. Hier waren früher vier Steinsärge deponiert, von denen heute noch einer vorhanden ist. Es gab keine Heiligenverehrung da unten, es ist also keine „Krypta“. Das kann bedeuten, dass es eine Begräbnisstätte, vielleicht sogar ein Beinhaus war. Wenn es auf dem Friedhof zu eng wurde, hat man Knochen ins Beinhaus verbracht. Beinhäuser gab es damals viele, weil man nicht mögliche Ackerfläche nahe dem Dorf opfern wollte.

> Ein Kirchenbau unmittelbar neben der Kapelle – macht das Sinn?

Es war zu dieser Zeit durchaus üblich, dass neben einer Kapelle, die noch dazu als Gruft genutzt wurde, eine Kirche gebaut wurde. Die Kapelle hat manvielleicht dann „Grabkapelle“ genannt.

> Wie ist der Stand der Forschung zu diesem bedeutenden Denkmal?

Wir haben hier bauhistorische Zeugnisse der ältesten Pfarrei in Heidelberg. Alle Zeiten haben ihre Spuren hinterlassen, aber es gibt bis heute keine zusammenhängende bauhistorische Dokumentation, leider! Als Bauhistoriker würde ich mir sehr wünschen, dass eine solche Forschung durch Bauhistoriker und Archäologen auf den Weg gebracht wird.

Heimatforscher Eugen Holl zeigt die von den Handschuhsheimern sogenannte Gruft      Foto: Bechtel

RNZ vom 08./09.06.2024

Eugen Holl – Das Gedächtnis von Handschuhsheim

Holl ist seit vielen Jahren Tiefburg-Archivar und Heimatforscher. Nun schreibt er ein Buch über den Dialekt des Stadtteils. Nur auf die Kerwe geht er nicht mehr gerne.

Der Handschuhsheimer Stadtteilhistoriker und Tiefburgarchivar Eugen Holl mit dem Handschuhsheimer Jahrbuch – darin hat er bislang schon 86 Beiträge veröffentlicht. Foto: bik

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Wenn es etwas über Handschuhsheim zu wissen gibt, weiß er es: Eugen Holl. Die Schriften, die im Archiv der Tiefburg lagern, hat er auch in seinem Kopf. Und darüber hinaus ist er einer der interessantesten Handschuhsheimer Bürger. Bis vor zwei Jahren war der 89-Jährige mehr als 100 Marathonstrecken gelaufen.

Der Heidelberger Halbmarathon beispielsweise, den die TSG 78 veranstaltet, ist sein „Baby“, und als Holl vor wenigen Jahren zum letzten mal an der bergigen Strecke antrat, brauchte er knapp drei Stunden. „Ich war der Letzte am Ziel, aber der einzige in meiner Altersklasse“, schmunzelte Holl. Seine Bestzeit in 30 Jahren Halbmarathon? „Eine Stunde, 28 Minuten.“

Die größte Liebe Eugen Holls gehört aber seinem Stadtteil. Als er als Zwölfjähriger das von Herbert Derwein verfasste Buch „Handschuhsheim und seine Geschichte“ las, war es um ihn geschehen. 54 Jahre lang war er als Gründungsmitglied des Stadtteilvereins auch Teil des Vorstands und ist heute dessen einziges Ehrenmitglied. Selbstverständlich gehört er der Schutzgemeinschaft Heiligenberg an. Der Heiligenberg ist überhaupt sein Lieblingsthema. „Weil ich da selbst einen Garten habe mit mehr Stufen als die Thingstätte.“ Mehrmals wöchentlich steigt er hoch und pflegt Sträucher und Blumen.

Führungen auf dem Berg mit seinen Klosterruinen, Führungen im Stadtteil und in der St. Vitus-Kirche hat Holl viele Jahre mit Begeisterung angeboten. Handschuhsheimer Bürger seien selten dabei gewesen, bedauert er. Bestimmt 500 Mal war er mit Schulklassen unterwegs.

Grundschülern Geschichte und Exponate näher zu bringen, machte ihm am meisten Spaß, denn die sind wirklich neugierig. War der in der Tiefburg eingemauerte Ritter eine Frau oder ein Mann? Warum wurde er eingemauert? War er da tot oder lebendig? Eugen Holl weiß es tatsächlich nicht: „Es gibt viele Fragen, aber keine passende Antwort darauf.“

Natürlich fand er auch passende Antworten. 86 Beiträge als Autor in den Handschuhsheimer Jahrbüchern zeugen davon. Das Eleonorenhaus, die Heidelberger Wein- und Fassgeschichte („Der Heiligenberg und alle Südhänge waren früher bis oben hin mit Reben bepflanzt.“), mittelalterliche Fachwerkbauten, Quellen und Brunnen am Heiligenberg, die Vituskirche als Grablege der Ritter von Handschuhsheim – so lauteten etwa seine Recherchen.

Als Tiefburgarchivar hat Holl Zugang zu den gesammelten Unterlagen und braucht meist nur wenige Wochen für seine Texte. Für das Jahrbuch 2024 zeichnet Holl derzeit seine Erinnerungen eines Zehnjährigen an den Einzug der Amerikaner 1945 in Handschuhsheim auf. Und zum 1250-jährigen Bestehen der St. Vitus-Kirche im Herbst will er über die Gruft und die sieben Glocken schreiben, von denen die älteste von 1791 stammt.

Ein größeres Werk liegt noch vor ihm, ein Duden, der Handschuhsheimer Dialekt und Hochdeutsch vergleicht. Mit dem Philosophen Hans-Georg Gadamer hatte Holl schon vor vielen Jahren darüber gesprochen, denn diesem schwebte ein Wörterbuch zu den Heidelberger Dialekten vor. „Wir haben festgestellt, dass sich der Handschuhsheimer Dialekt mit dem in anderen Stadtteilen gar nicht vergleichen lässt; er ist außergewöhnlich“, erklärt Holl. Wenn andere Heidelberger zum Feldsalat Ackersalat sagten, heiße es bei den Handschuhsheimern beispielsweise „Schoofmeinzel“. Holl hat diese besonders würzige „Schafminze“ selbst schon gegessen. Sie wuchs auf seinem Grundstück.

Die Handschuhsheimer Tiefburg kennt Holl wie seine Westentasche. Wenn man mit ihm hindurchgeht, erzählt er von der Hofüberdachung aus dem Jahr 1985, vom „barocken“ Häuschen am Eingang zum Keller, das Raban von Helmstatt 1910 erbauen ließ, als er sein ganzes Vermögen in die Renovierungen steckte, und von der Bedeutung der Gedenktafeln.

Davon, dass die Ritter von Handschuhsheim ihre großen Familien in der immer enger werdenden Burganlage hielten, wo andere Geschlechter wie die Helmstatter oder Gemminger die Nachkommen auch anderswo siedeln ließen. Davon, dass die oberen Etagen der Burg bis 1971 bewohnt waren, ehe der Stadtteilverein und das Archiv dort einzogen. Dass das erste große Fest in der Tiefburg 1965 stattfand, zur 1200-Jahr-Feier der Erwähnung Handschuhsheims anlässlich einer Schenkung an das Kloster Lorsch.

Das nächste Fest im Stadtteil wird die Kerwe im Juni sein. Da geht Holl aber gar nicht gerne hin, die Musik ist ihm zu laut. Die Ohren, seine zunehmende Schwerhörigkeit, sind es auch, die ihm zu schaffen machen. Die von ihm geliebte Musik des Komponisten Ludwig van Beethoven klingt für ihn nicht mehr schön.

Altersbedingt – das will er von seinem Arzt aber nicht hören, er droht ihm dann scherzhaft mit dem Wechsel der Praxis. „Sonst habe ich nichts zu beklagen“, findet der 89-Jährige. Sein Leben lang sei er ein Glückspilz gewesen. Vor wenigen Jahren hat er einen Autounfall und einen Treppensturz ohne größere Verletzungen überlebt.

Glück hatte Eugen Holl auch, als er nach dem Tod seiner Frau Erika vor einigen Jahren beim Joggen auf dem Heiligenberg eine neue Lebensgefährtin kennenlernte. Glück hatte er zudem mit seinen vier Kindern, die alle ganz besonderen Begabungen nachgehen: Klavierlehrerin, Grafiker, Kunsthandwerker und 1. Schlagzeuger beim Gewandhausorchester in Leipzig.

Und Glück hat sicher auch der Stadtteil Handschuhsheim mit seinem Tiefburgarchivar, der eigentlich Postbeamter war und vor seiner Pensionierung die Neuenheimer Poststelle betreute. Heute ist Holl praktisch das Gedächtnis von Handschuhsheim, zusammen mit anderen an der Geschichte interessierten Bürgern natürlich. Doch viele gibt es nicht mehr, die sich so weit wie er selbst zurückerinnern können.

RNZ vom 08.04.2024

Eintauchen in die Welt der Kelten

Kurpfälzisches Museum setzt künftig auf „immersive“ Elemente – Auch auf dem Heiligenberg soll Geschichte erfahrbar sein

Im fünften und im vierten vorchristlichen Jahrhundert lebten Kelten im Gebiet des späteren Heidelberg. Aber wie sah das aus? Das Kurpfälzische Museum will die keltische Vergangenheit erfahrbar machen. Nachdem es sich um eine Landesförderung beworben hatte, fiel im Sommer 2022 der Startschuss für das Projekt. Auf dem Heiligenberg, wo die Kelten in der Höhe siedelten, hat sich aber noch nichts getan. Wie geht es in der Sache voran? Das erklärt Tobias Schöneweis, Leiter der Abteilung Archäologie am Kurpfälzischen Museum.

Stand der Dinge: „Auch wenn man noch nichts sieht, hinter den Kulissen wird kräftig gearbeitet“, erzählt Schöneweis von der Entwicklung des Konzepts – er komme sogar kaum noch zu anderem. Er fertigt Skizzen für virtuelle Animationen an, stimmt sich mit dem Forstamt oder auch mit dem Hochbauamt ab. Bis zum dritten Quartal dieses Jahres sollen die Maßnahmen umgesetzt sein, hieß es vor zwei Jahren. „Daran halten wir fest“, so Schöneweis. „Wir sind im Zeitplan.“

Ringwall: Von Anfang bestand die Überlegung, ein Element der Höhensiedlung auf dem Heiligenberg originalgetreu zu rekonstruieren – etwa ein Haus eine Werkstatt oder ein Teil der Mauer. Schließlich verständigte man sich auf einen Abschnitt des Ringwalls, der die Höhensiedlung umgab. „Wir bauen ein zehn Meter langes Stück der Pfostenschlitzmauer“ präzisiert Schöneweis jetzt. Auch der Standort steht nun fest: Der Mauerabschnitt wird unweit der Waldschenke gebaut, direkt am Wanderweg – dort, wo früher der innere Ringwall verlief. Dass der Mauerabschnitt am Originalschauplatz entstehen kann, ist einer Aufschüttung zu verdanken. „Aus denkmalpflegerischer Sicht können wir normalerweise keine Architektur auf die Originalstätte stellen“, erläutert Schöneweis. Die Aufschüttung, die als Puffer diene, mache es nun doch möglich.

Bautechnik: Bei dem geplanten Mauerabschnitt handelt es sich um eine Trockenmauer aus Sandstein, die mit einem Holzgerüst gestützt wird. „Wie die Kelten bauten, wissen wir aufgrund von Vergleichsfunden beispielsweise vom rheinland-pfälzischen Donnersberg und auch von unseren beiden Grabungen am Heiligenberg“, erzählt Schöneweis. Der Architekt Bert Burger, der sich in der Schutzgemeinschaft Heiligenberg engagiert, habe die Planung des Wallabschnitts vorgenommen und habe die Aufsicht über den Bau. „Die Angebote der Baufirmen liegen schon vor“, so Schöneweis.

Informationen: Zunächst war ein Infopavillon im Gespräch, der mit Schautafeln über die keltische Geschichte informiert. Jetzt ist ein offeneres Modell anvisiert, das ohne Überdachung auskommt. „Auf dem Wanderparkplatz soll ein Info-Point entstehen“, erzählt Schöneweis. Das Geländemodell, das schon länger auf dem Heiligenberg steht, soll den Mittelpunkt bilden, dazu wird es um ein paar Meter verrückt. „Zwei, drei Parkplätze fallen dann weg“, so der Archäologe. Pfosten werden das Modell umgeben, sie sollen kreisförmig angeordnet sein. Auch Infotafeln und Nachbildungen der Fundstücke, die im Museum in der Hauptstraße ausgestellt sind, werden dort zu sehen sein. Dazu zählen etwa ein Reifenbeschlag oder ein Reibstein.

Virtueller Mehrwert: Künftig können sich die Besucher auch über ihr Smartphone über die Kelten informieren, etwa am Info-Point oder auf dem Keltenweg.

„Nachdem eine größere Ausschreibung lief, beginnt jetzt die Entwicklung der Kelten-App mit Augmented-Reality-Elementen“, beschreibt Schöneweis die Pläne. Schon heute erweckt die sogenannte Discovery Station im Museum die keltische Vergangenheit auf dem Bildschirm wieder zum Leben. „Aus der virtuellen Welt erzeugen wir 360-Grad-Panorama Bilder“, sagt Schöneweis. Über das Smartphone sollen sich diese Bilder einblenden lassen, sodass sie sich gewissermaßen über die Realität legen. Wo befand sich die Siedlung? Wo war der Wald gerodet? Das soll künftig auf dem Display zu sehen sein.

Museum: Auch fürs Museum in der Hauptstraße gibt es neue Pläne: Sogenannte immersive Elemente sollen Besuchern mit atmosphärischen Bildern und informierenden Animationen ein neues, sinnliches Erlebnis ermöglichen, bei dem sie in keltische Welten abtauchen können. Das Museum muss dabei ohne zusätzliche Räume auskommen – es gilt also, all das in den Heiligenbergsaal zu integrieren. Dass sich darin eine Art Schatzkammer verbirgt – eine halbrunde Nische inmitten des Raums – hilft da natürlich immens. „Dieser Raum wird das Kernelement eines immersiven Besuchererlebnisses werden“, kündigt Schöneweis an.

Außerdem sollen Hologramm-Vitrinen die Fundstücke des Heiligenbergs nicht nur mit 3D-Effekt zeigen, sondern handwerkliche Herstellungsprozesse und ursprüngliche Funktionen auch visuell erklären.

Nun geht es daran, Firmen mit Know-how auf diesem Gebiet zu suchen.

Finanzen: Mit den Geldern, die ihm für die Aufwertung des keltischen Erbes zur Verfügung stehen, kommt das Museum offenbar hin. „Wir gehen so nachhaltig und effektiv wie möglich vor“, sagt Schöneweis. Ziel sei, das Budget möglichst nicht auszureizen. Es beträgt 502 200 Euro: Das Land gibt im Rahmen seines Kelten-Programms einen Zuschuss von 125 550 Euro, in derselben Höhe steuert das städtische Museum Eigenmittel bei.

Dazu kommen Gelder vom Bund in Höhe von 251 100 Euro. Die Zusammenarbeit mit städtischen Ämtern halte die Kosten niedrig, sagt Schöneweis. „Viele Lösungen ergeben sich quasi inhouse.“

 

RNZ vom 24./25.02.2024

Der Sherlock Holmes der

Heidelberger Stadtarchäologie

Vor 100 Jahren wurde Berndmark Heukemes geboren – „Ein lebendiges Museum“ war sein Anliegen – Führung am Sonntag

Von Manfred Bechtel

Am kommenden Montag wäre der begnadete Archäologe Dr. Berndmark Heukemes 100 Jahre alt geworden. In Heidelberg ist er unvergessen, er hat die Begeisterung für die Stadtarchäologie geweckt. Als Sherlock Holmes der Archäologie sah er sich, Pfeife und Baskenmütze waren seine Markenzeichen. Er konnte erzählen wie kaum einer, seine Vorträge zogen regelmäßig ein großes Publikum an und vermittelten auf unterhaltsame Weise historische Erkenntnis-se, die mancher im

Geschichtsunterricht , vielleicht verschlafen hatte. Zehn Jahre war er schon ehrenamtlich tätig, bis er 1962 endlich auf die verwaiste Wissenschaftlerstelle am Kurpfälzischen Museum berufen wurde. Über ein halbes Jahrhundert lang prägte er die Denkmalpflege in der Stadt und wirkte beim Ausbau des Museums mit.

Berndmark Heukemes wurde am 26. Februar 1924 in Aachen geboren. Schon als Gymnasiast wurde er zusammen mit seinen Klassenkameraden eingezogen.

Als er schwer verwundet aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkehrte, begann er Architektur und Baugeschichte in Karlsruhe zu studieren. Bald wechselte er zu Archäologie und Orientalistik nach Heidelberg.

Das Interesse des Studenten weckten Grabungen und Baugruben, was ihm das – zunächst unbezahlte – Amt eines Bezirksdenkmalpflegers eintrug. In den folgenden Jahren gelangen ihm in Ladenburg spektakuläre Funde: das Sol-Mithras-Relief, die Jupiter-Giganten-Säule, der römische Bronzeschatz, um nur einige zu nennen. Darüber hinaus hatte er maßgeblichen Anteil an Erhalt und Sanierung der historischen Ladenburger Altstadt,

Auch in Heidelberg wartete ein weites Feld darauf, archäologisch erforscht zu werden. Besonders im Neuenheimer Boden schlummerte reiches römisches Erbe: die Kastelle, Töpfereien und Ziegeleien, das Römerbad am Neckar, dazu die Zivilsiedlung. Wo immer bei den vielen Bauarbeiten der 50er- und 60er-Jahre Spuren der Vergangenheit zu Vorschein kamen – Heukemes war zur Stelle. So 1951, als mit dem Ausbau der Berliner Straße begonnen wurde. Arbeiter hoben dort Gräben aus. in einem halben Meter Tiefe stießen sie auf antikes Straßenpflaster und römerzeitliche Tongefäße – Beigaben aus römischen Bestattungen an der Römerstraße, einer schnurgeraden Verbindung zwischen den Kastellorten Heidelberg und Ladenburg. Zu beiden Seiten erstreckte sich ein Gräberfeld ungeahnten Ausmaßes.

Mehr als 1400 Gräber hat Heukemes mit vielen Helfern bis 1970 geborgen. Oft waren die Ausgräber den Baggern nur um eine Schaufellänge voraus. Auf „Notbergungen“ dieser Art folgten im entstehenden Unicampus im Neuenheimer Feld systematische Flächengrabungen. „Heukemes hat Ausgrabungslöcher gelesen wie ein Buch. Das war für mich faszinierend“, erinnert sich Bert Burger, der als Schüler mit Begeisterung dabei war und Heukemes später auf dessen Forschungsreisen begleitete. Unter den zahlreichen ehrenamtlichen Grabungshelfern waren damals auch zwei amerikanische Sanitätsoffiziere, die Minensuchgeräte mitbrachten. Damit konnten zuvor übersehene Metallgegenstände aufgespürt werden, darunter Münzen in großer Zahl.

Noch auf einem anderen Terrain half die amerikanische Armee mit ihren Metallsuchgeräten: im Heidelberger Stadtwald. Hier kam von den 60er- bis in die 80er-Jahre der sensationelle Tilly-Fund aus dem Waldboden: Ausrüstung und Be-waffnung, Kanonenkugeln und Alltagsgegenstände aller Art, insgesamt mehrere tausend Einzelfunde. Sie erzählen die Geschichten vom Kriegswesen und Lagerleben des Dreißigjährigen Krieges. Die Truppen der Katholischen Liga unter dem Feldherrn Tilly hatten diese „Andenken“ im Erdreich hinterlassen, als sie sich 1622 an den Hängen verschanzt hatten, um Stadt und Schloss sturmreif zu schießen.

Auch mit Hubschraubern war die amerikanische Armee im Dienste der archäologischen Forschung im Einsatz. Denn aus der Höhe lassen sich Veränderungen am Boden erkennen, die vielleicht auf Zeugnisse im Untergrund hin- weisen. Das ist heute ein gängiges Verfahren, damals war es Neuland. So führte Heukemes für den hiesigen Raum die Luftbildarchäologie ein.

„Er hat mir die Bedeutung der Heidelberger Geschichte nähergebracht. Als ich 1986 als Museumspädagoge im Kurpfälzischen Museum angefangen habe, ist er auf mich zugekommen und hieß mich willkommen“, erinnert sich Frieder Hepp, heute Direktor des Hauses. „In großer gegenseitiger Wertschätzung haben wir in einer wichtigen Phase zusammengearbeitet, als das Museum seinen Neubau erhielt. Gemeinsam haben wir auch einen Mithras-Tempel rekonstruiert. Ein lebendiges Museum, ein Museum, in dem Geschichte lebendig wird, das war sein Anliegen!“ Viele historische Modelle gehen auf ihn zurück, beeindruckend ist die römische Neckarbrücke, über die römische Reiterei und Fußtruppen paradieren.

Konservierungsarbeiten an der Michaelsbasilika auf dem Heiligenberg: Berndmark                        Heukemes zeigt einen Stein mit einer römischen Inschrift. Schutzgemeinschaft Heiligenberg

Durch seine Forschungen zu den Kelten auf dem Heiligenberg war Heukemes auch auf die Ruinen des Michaelsklosters aufmerksam geworden. Der Verfall des Denkmals ließ ihn nicht ruhen. Er gewann Mitstreiter in beachtlicher Zahl und gründete mit ihnen die „Schutzgemeinschaft Heiligenberg“.

Bis heute kümmern sich die Vereinsmitglieder um den Erhalt des historischen Erbes. Damals überzeugte ihr Engagement auch die Stadtspitze. Oberbürgermeister Zundel und Baubürgermeister Korz erreichten in Stuttgart, dass Mittel für die Arbeit auf dem Heiligenberg bereitgestellt wurden.

Heukemes war ein genauer Arbeiter, der nicht ruhte, bis ein Sachverhalt lückenlos geklärt war. Er war ein leidenschaftlicher Vermittler, der vielfach in die Stadtgesellschaft hineinwirkte.

Durch seine Ausgrabungen, Dia-Vorträge, Führungen, Ausstellungen war er allseits bekannt und beliebt. Ein Herzensanliegen war ihm, sein Wissen an die junge Generation weiterzugeben. Auch als körperliche Gebrechen ihm zunehmend zu schaffen machten, arbeitete er weiter, um – wie er sagte – „Geschichte für die Zukunft zu bewahren“. Als ein Schlaganfall seine rechte Seite lähmte, trainierte sich der begnadete Zeichner Schreiben und Zeichnen mit der linken Hand an.

Eine Reihe von Auszeichnungen würdigten seinen unermüdlichen Einsatz: Die Stadt Ladenburg, in der er zu Hause war, dankte ihm mit der Ehrenbürgerwürde, ihm wurde das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, ebenso die Bürgermedaille der Stadt Heidelberg. Am 16. Januar 2009 starb Berndmark Heukemes.

Info: Sonntag, 25. Februar, 11 Uhr, im Kurpfälzischen Museum: Sonderführung „Berndmark Heukemes“ mit Museumsdirektor Frieder Hepp. Infos unter www.museum.heidelberg.de

RNZ vom 28.03.2023
Michaelskloster Heidelberg

Die Retter der mittelalterlichen Ruinen

Seit 50 Jahren betreuen die Ehrenamtlichen der Schutzgemeinschaft Heiligenberg das Michaelskloster, wo Kelten, Römer, Mönche ihre Spuren hinterließen

 
 Ein Luftbild der Ruinen vermittelt einen Eindruck von der Größe des Klosters St. Michael. Foto: Schutzgemeinschaft

Von Manfred Bechtel

Heidelberg. Um 1970 bot sich auf dem Heiligenberg ein desolates Bild: Von dem einst beherrschenden Sankt Michaelskloster waren kaum mehr als ein paar überwucherte Mauern übrig. Der einsturzgefährdete Nordturm war mit einem hässlichen Betonkern stabilisiert, der Südturm war mit Holzbalken notdürftig abgestützt, sonst wäre er zusammengefallen. Vandalismus, Diebstahl und Feuerstellen setzten dem historischen Erbe weiter zu. Es musste schnell gehandelt werden.

Um „dem traurigen Bild auf dem Berg“ ein Ende zu setzen, schlug der Vorsitzende des Stadtteilvereins Handschuhsheim Willi Kücherer vor, eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben zu rufen: So wurde die „Schutzgemeinschaft Heiligenberg“ gegründet. Das war am 24. März 1973. Den Vorsitz übernahm der bekannte Heidelberger Archäologe Dr. Berndmark Heukemes. Heute, im Jahr ihres 50. Jubiläums, blickt die Gemeinschaft auf das zurück, was sie erreicht hat und richtet gleichzeitig den Blick nach vorne: Denn es bleibt auch viel zu tun.

Stadtarchäologe Berndmark Heukemes am Südturm mit einem römischen Stein. Foto: Schutzgemeinschaft

Nach der Gründung wurden Schrifttafeln mit Erläuterungen der Klosterruinen aufgestellt, Publikationen, Vorträge und Führungen trugen das Anliegen in eine breitere Öffentlichkeit, Spenden wurden gesammelt. Dann setzte die Schutzgemeinschaft den entscheidenden Impuls zur Erforschung und Instandsetzung der Klosterruinen. Von Anfang an hatte sie die Unterstützung der Heidelberger Stadtverwaltung; insbesondere Oberbürgermeister Zundel und Bürgermeister Korz förderten das Projekt und setzten sich darüber hinaus für Landesmittel aus dem Denkmalschutz ein.

Die Stadt stellte Mittel zur Rettung des stark einsturzgefährdeten Südturms bereit. 1978 konnte mit ersten Erhaltungsarbeiten begonnen werden. Diese wurden dem Architekturbüro Burger übertragen; dort hatte man zuvor einschlägige Erfahrungen bei der Rettung der alten Stadtmauer in Ladenburg gesammelt. Bei der Untersuchung der Turmfundamente stieß der Stadtarchäologe Heukemes auf römische Fundamentsteine. Zum Vorschein kam auch eine Reihe von Gräbern, darunter Kindergräber. Man darf davon ausgehen, dass die Bauern der Ortschaften die Mönche baten, ihre Kinder nahe dem Himmel zu begraben. Das neue Betonfundament des Turms wurde auf Fels gegründet. Im Gegensatz zum Nordturm erhielt der Südturm keinen Betonkern, sondern wurde in traditioneller Weise mit den alten Steinen und Mörtel wieder hochgemauert. Ganz nebenbei war das Verfahren auch erheblich kostengünstiger.

Dieses erfolgreiche erste Kapitel bahnte den Weg für ein umfangreiches Sanierungskonzept, zu dem die Landesregierung in Stuttgart zwei Millionen Mark bereitstellte. Wissenschaftliche Untersuchungen machten den Anfang. Sie lagen in Händen von Dr. Peter Marzolff vom Archäologischen Institut der Universität Heidelberg. Die Archäologen des Kurpfälzischen Museums wirkten unterstützend mit. Mit den Restaurierungsarbeiten der Klosterruine wurde wieder das Architekturbüro Burger beauftragt. Regelmäßig wurde die Öffentlichkeit über den Fortgang informiert und konnte sich bei Führungen der Schutzgemeinschaft selbst ein Bild machen.

Nicht nur die mittelalterlichen Mönche haben auf dem Berg Spuren hinterlassen. Unter den vorausgegangenen Siedlungsepochen ragt die keltische Zeit heraus, als eine wehrhafte Höhensiedlung den Berg einnahm. Schon seit ihrer Gründung ist es der Schutzgemeinschaft ein Anliegen, den Besuchern einen Blick auch auf diese Siedlungsepoche zu ermöglichen. Derzeit ist in Zusammenarbeit mit dem Kurpfälzischen Museum geplant, das keltische Erbe auf dem Heiligenberg wieder besser sichtbar zu machen. Oberbürgermeister Eckart Würzner hat die Schirmherrschaft übernommen. Der „Keltenweg“ ist in die Jahre gekommen und wird überarbeitet. Mächtig ins Auge fallen wird künftigen Besuchern das Teilstück einer „Pfostenschlitzmauer“, mit dem Bau wird demnächst begonnen. Dieses für die Kelten typische Verteidigungswerk aus Bruchsteinen und Pfosten umgab in einem doppelten Ring die Siedlung auf der Höhe des Berges. Ein lange gehegter Wunsch ist der Bau von zwei, drei keltischen Häusern. Auch die alte Forderung nach einer öffentlichen Toilette steht wieder auf der Tagesordnung.

Der heutige Vorstand der Schutzgemeinschaft (v.l.): Peter Jungmann, Alexander Heinzmann, Hans-Hermann Büchsel, Bert Burger und Hanno Roters. Foto: Schutzgemeinschaft
Das Jubiläum der Schutzgemeinschaft lädt naturgemäß zu einem Rückblick auf die erfolgreiche Arbeit der letzten 50 Jahre ein. Eine ganze Reihe von Vorhaben konnte zum Teil in Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden und dem Denkmalschutz verwirklicht werden: beim Parkplatz das Bronzemodell des Berges mit der keltischen Besiedelung, der Schutzbau über dem Heidenloch, die Renovierung des Bitterbrunnens, Gedenksteine für die untergegangenen Siedlungen Dagersbach und Hillenbach, der archäologische Lehrpfad „Keltenweg“, um die wichtigsten zu nennen. 2008 fusionierte die Schutzgemeinschaft mit der Handschuhsheimer Geschichtswerkstatt.

Eine Daueraufgabe für die Ehrenamtlichen ist die Erhaltung der freigelegten Ruinen. Viermal im Jahr finden Begehungen mit Vertretern des Kulturamts und bei Bedarf mit der Denkmalbehörde statt. Bei Kontrollgängen werden Schäden aufgelistet, die dann beseitigt werden. Der Verein übernimmt die Bauleitung und beteiligt sich in der Regel an den Kosten. Das Geld stammt aus Mitgliedsbeiträgen und teils großzügigen Spenden, die besonders am Ende der kostenlosen Führungen der Erhaltung der Ruinen zufließen. Für die archäologische Lehrgrabung stellte die Schutzgemeinschaft kürzlich zehntausend Euro bereit. Für Interessierte bietet sie Führungen an, zum Beispiel am Tag des offenen Denkmals, auf Nachfrage auch zu anderen Terminen.

Info: Näheres per E-Mail an info@heiligenberg-handschuhsheim.de – Feier des 50-jährigen Jubiläums am Freitag, 23. Juni, ab 17 Uhr in der Waldschenke. Die Gruppe Moitié:Moitié spielt keltische und französische Musik.

Baden-Württemberg.de vom

KUNST UND KULTUR                        

375.000 Euro für Keltenstätten in Heidelberg

Mit rund 375.000 Euro Fördermittel werden die Keltenstätten in Heidelberg unterstützt. Die Planungen für den Keltenpark auf dem Heiligenberg und für die überarbeitete Ausstellung im Kurpfälzischen Museum sollen bis zum dritten Quartal 2024 umgesetzt sein.

Weiterer Schub für die Landeskonzeption „Keltenland Baden-Württemberg“ (PDF): Für insgesamt gut 500.000 Euro werden auf dem Heiligenberg Rekonstruktionsbauten entstehen und die Keltenausstellung im Kurpfälzischen Museum modernisiert, wie Kunstministerin Theresia Bauer am 21. Juli 2022 in Stuttgart mitteilte. Die Keltenstätten in Heidelberg werden vom Bund mit 251.000 Euro und vom Land mit 125.500 Euro gefördert. Das Kurpfälzische Museum steuert Eigenmittel von ebenfalls 125.550 Euro bei. „Die Bewilligung ist da, jetzt kann es losgehen“, sagte Theresia Bauer. Die Maßnahmen sollen bis zum dritten Quartal 2024 umgesetzt sein.

„Damit ist auch Heidelberg Teil der Keltenkonzeption Baden-Württemberg“, sagte die Ministerin weiter. „Überall im Land wird das keltische Erbe aufgewertet und besser sichtbar gemacht.“ Die in der Konzeption des Kurpfälzischen Museums in Heidelberg genannten Maßnahmen sollen ein Gefühl für die keltische Zeit vermitteln. Die Maßnahmen aus der Keltenkonzeption des Landes Baden-Württemberg werden aus dem Bundesprogramm „Investitionen in nationale Kultureinrichtungen“gefördert.

Realisierung der Vorhaben ab Mitte 2023 geplant

Die Planungen für den Keltenpark auf dem Heiligenberg und für die überarbeitete Ausstellung im Kurpfälzischen Museum werden bis zum Jahresende 2022 konkretisiert. Anfang 2023 beginnen die Bauvorbereitung und der Abbau der bisherigen Ausstellung, ab Mitte 2023 die Realisierung der Vorhaben.

Das Projekt „Heidelberg und seine Kelten“ hat zwei tragende Säulen:

  • Auf dem Heiligenberg wird der bestehende Keltenweg durch digitale, interaktive Angebote modernisiert und barrierefrei als „Keltenpark“ gestaltet. Eine neu entwickelte App richtet sich an interessierte Touristinnen und Touristen als Anregung zur Erkundung des Heiligenberges, und darüber hinaus als mobile Lernplattform an Kinder und Jugendliche. Die App soll Bindeglied zwischen dem Fundplatz auf dem Berg und den Exponaten im Museum sein. Die Monumentalität der keltischen Ringwallbefestigung lässt sich idealerweise durch eine 1:1-Modellrekonstruktion erfahren. Das soll durch den Bau einer Freilichtanlage erreicht werden, die eine Teilrekonstruktion der Wallanlage sowie zusätzlich einen Infopavillon umfasst. Die Arbeiten erfolgen in enger Abstimmung mit dem städtischen Landschafts- und Forstamt und dem Landesamt für Denkmalpflege.
  • Der „Heiligenbergsaal“ des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg wird als interaktiver Erlebnisraum neukonzipiert und inhaltlich auf die keltische Epoche geschärft. Ein begehbares Panoramabild der Keltensiedlung auf dem Heiligenberg wird zwischen Museum und Fundort vermitteln. Durch den Einsatz digitaler Medien werden den Besucherinnen und Besuchern optimale Informationsmöglichkeiten geboten.

 

RNZ vom 15.07.2022

Damit die keltische Geschichte sichtbarer wird
Neupräsentation auf dem Heiligenberg geplant – Land sagte Förderung zu – Bewilligungsbescheid wird nächste Woche übergeben

Von Julia Lauer

Die Thingstätte auf dem Heiligenberg ist nicht zu übersehen, genauso wenig die Klosterruine Sankt Michael. Die keltische Geschichte auf dem Berg hingegen ist nicht so sichtbar: Nur ein paar Schautafeln weisen darauf hin. Das soll sich ändern. Geplant ist unter anderem einen Teil des Ringwalls zu rekonstruieren. Zu diesem Zweck hatte sich Heidelberg für ein Landesförderprogramm beworben. Frieder Hepp, Direktor des Kurpfälzischen Museums in Heidelberg, soll den Bewilligungsbescheid kommende Woche in Stuttgart erhalten, wie dIe RNZ auf Nachfrage beim Ministerium erfuhr.

„Das keltische Erbe aus vorchristlicher Zeit aufzuwerten und besser sichtbar zu machen, ist für Heidelberg und die Region von Bedeutung“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) anlässlich der Aufnahme des Heiligenbergs in die Keltenkonzeption des Landes.

Die ins Auge gefassten Maßnahmen vermittelten ein Gefühl für die keltische Zeit. „Sie bieten eine Möglichkeit, das Thema für Tourismus und Bildungsarbeit besser zu nutzen“, so die Ministerin, die als Heidelbergerin mit den Örtlichkeiten vertraut ist und auch an einem frühen Gespräch zur Aufnahme Heidelbergs teilnahm.

Geplant ist zunächst, den bestehenden Keltenweg auf dem Heiligenberg besser zu befestigen und barrierefrei zu gestalten. Ein Tor im keltischen Baustil soll den Eintritt in die Welt der Kelten markieren, ein Infopavillon mit Schautafeln über die keltische Geschichte informieren. Um einen Eindruck von der Monumentalität der Ringwallbefestigung auf dem Berg zu vermitteln, soll ein Abschnitt des Walls in den ursprünglichen Dimensionen rekonstruiert werden. Tastmodelle für Blinde sind ebenfalls vorgesehen. Eine App soll mit Hilfe von QR-Codes eine Verbindung zum Kurpfälzischen Museum herstellen, wo wichtige Fundstücke zu sehen sind. Daneben ist eine Neukonzeption des „Heiligenbergsaal“ im Kurpfälzischen Museum nebst barrierefreiem Zugang anvisiert.

Die Maßnahmen am Heiligenberg und im Kurpfälzischen Museum werden insgesamt 502500 Euro kosten. Das Land gibt einen Zuschuss in Höhe von 125 550 Euro, in derselben Höhe steuert das städtische Kurpfälzische Museum Eigenmittel bei. Dazu kommen Gelder vom Bund in Höhe von 251 550 Euro. „Der Bewilligungsbescheid ist der Startschuss, dann geht es los“, so Ministerin Bauer. Bis zum dritten Quartal 2024 sollen die Maßnahmen umgesetzt sein.

„Das ist eine tolle Chance, spröde archäologische Quellen einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen“, freut sich Renate Ludwig vom Kurpfälzischen Museum. Sie rechnet damit, dass die archäologische Abteilung des Museums künftig bis zu 30 Prozent mehr Besucher verzeichnen wird. Wie viele Touristen der Heiligenberg aufgrund der Neupräsentation des keltischen Erbes anziehen wird, ließe sich nicht schätzen, da es zu dem Besucheraufkommen keine Zahlen gebe.

„Der Heiligenberg ist ein wichtiges Naherholungsgebiet – das soll er auch bleiben“, versichert Ludwig. Die Schotterung des Keltenwegs etwa sei nicht vorgesehen, im Wald werde auch nichts betoniert. „Das Forstamt trägt die Pläne mit. Wir konnten vermitteln. dass es auf dem Heiligenberg einen sanften Tourismus geben wird.“

Die Neupräsentation der keltischen Geschichte ist auch im Sinne der Schutzgemeinschaft Heiligenberg. „Ein didaktisches Konzept für die Keltenstätte wollen wir schon seit Jahrzehnten auf den Weg bringen“ erklärte der Vereinsvorsitzende Bert Burger. „In Heidelberg ist dieser tolle Berg, und da wird kaum geforscht. Dabei befand sich hier eine der größten keltischen Stätten nördlich der Alpen.“

Dass die Maßnahmen umweltverträglich sein sollen, bestätigt auch er. „Es kommen Holz und Lehm zum Einsatz sowie Fundamente aus Steinen.“ Kürzlich sei ein Arbeitskreis zur Umsetzung ins Leben gerufen worden, auch die Schutzgemeinschaft sei beteiligt. Dieser wolle bald einen geeigneten Standort für den Infopavillon finden. Im Gespräch seien eine Wiese westlich der Waldschänke sowie der Parkplatz, berichtet Burger. „Diese Entscheidung soll Ende August oder Anfang September fallen.

RNZ vom 2./3.04.2022

Heiligenberg

Entwicklungskonzept für den Heiligenberg

Die Kultur der Kelten soll „erlebbarer“ werden. Das Förderprogramm des Landes soll dabei helfen.

OB Würzner (4. v. r.) tauschte sich mit einer Expertenrunde über die Möglichkeiten aus, die keltische Vergangenheit des Heiligenberges erlebbarer zu machen. Fotos: Bechtel

Von Manfred Bechtel

Heiligenberg. Der Heiligenberg ist einer der interessantesten Berge in Deutschland: Die Kelten bauten auf den Kuppen eine Stadt, die Römer ein Heiligtum, die Mönche aus Lorsch zwei Klöster. Im Dritten Reich schließlich wurde ohne Rücksicht auf die archäologischen Zeugnisse die Thingstätte aus dem Boden gestampft. Insbesondere die keltische Vergangenheit des Berges ist für Besucher heute nicht so gut zu erkennen, wie es möglich wäre.

Ein Modell einer keltischen Mauer aus Steinen und ohne Mörtel. Fotos: Bechtel

Jetzt soll ein Entwicklungskonzept die Kultur dieser Epoche „erfahrbarer und erlebbarer“ machen, so formulierte es Oberbürgermeister Eckart Würzner. Das Stadtoberhaupt sowie Vertreter von Ämtern und Stadtwerken machten sich vor Ort ein Bild. Realisiert werden soll unter anderem ein Info-Zentrum, das die Besucher empfängt, sie mit der Geschichte des Berges vertraut macht und Vergangenes visualisiert. Dieser Pavillon steht auch für die Verbindung von geschichtlichem Schauplatz und Museum in der Stadt. „Das Museum soll auf den Berg und der Berg ins Museum kommen“, wie es Renate Ludwig, Leiterin der archäologischen Abteilung formulierte. Der „Info-Point“ ist im Bereich des großen Parkplatzes geplant. In dieser ersten Realisierungsstufe bereits enthalten ist auch der Bau einer öffentlichen Toilettenanlage, die neben der „Waldschenke“ gebaut werden soll.

Frieder Hepp, Direktor des Kurpfälzischen Museums, berichtete von dem Förderantrag, den Heiligenberg in das Kelten-Programm des Landes aufzunehmen. „Der Antrag ist auf gutem Weg, das Ergebnis müssen wir noch abwarten“, sagte Hepp. Ein Sponsorenkonzept sei Bestandteil des Antrags.

Ein ganzes Keltendorf wurde in Otzenhausen im Saarland rekonstruiert. Auf dem Heiligenberg schlägt die Schutzgemeinschaft vor, keltische Siedlungskultur am Beispiel von zwei typischen Häusern zu vermitteln. Fotos: Bechtel

Während noch der Bewilligungsbescheid vom Land abgewartet wird, wird Stufe zwei des „Zukunftskonzepts“ bereits „mitgedacht“. Dazu hatte die „Schutzgemeinschaft Heiligenberg“ Vorschläge vorbereitet. Der Verein setzt sich seit Jahrzehnten für die Erhaltung des historischen Erbes auf dem Berg ein. Jetzt ist er Kooperationspartner des Zukunftskonzepts. Die Entwürfe richten sich auf den Platz westlich der „Waldschenke“. Dort wurde die Wiese gemäht, für Burger ist das ein guter Ort für zwei keltische Häuser, so wie sie früher zahlreich auf der Kuppe standen. Hier sieht er auch eine eindrucksvolle Position für die Rekonstruktion eines Teilstücks der gallischen Mauer, damit auch die Verteidigungsanlage auf dem Berg „erlebbar“ wird. Dieses Bollwerk zog sich einst als doppelter Ring um die Kuppen. „Darüber wird schon seit 50 Jahren diskutiert“, fügt Bert Burger, Vorsitzender der „Schutzgemeinschaft Heiligenberg“ an. OB Würzner kann sich in einem „Freilichtmuseum unter Federführung des Kurpfälzischen Museums“ sogar einen Turm oder ein Stadttor vorstellen. Das Land will er im Augenblick mit den weitergehenden Plänen nicht „verschrecken“, wohl aber signalisieren, „wir realisieren das jetzt, wir machen diese Entwicklungsplanung, sind auch mit weiteren Sponsoren im Gespräch, mit Förderern in Heidelberg, dass man da noch Partner findet“.

Im Rahmen des Konzepts „Keltenland Baden-Württemberg“ wird auch der Heiligenbergsaal im Kurpfälzischen Museum verändert, ebenfalls der Lehrpfad „Keltenweg“ auf dem Berg. Als Standort für die Teilrekonstruktion einer keltischen Umfassungsmauer schlagen die Museumsarchäologen den Bereich des von ihnen 2019 ausgegrabenen Stückes Keltenwall beim Parkplatz vor. Eine museumspädagogische Mitmachstation ist ebenso im Gespräch wie eine Feuerstelle, wo man keltisch kochen oder grillen kann.

 

 

RNZ 29.10.2021

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RNZ 08.10.2021

Land will keltisches Erbe fördern

Heiligenberg soll neu präsentiert werden – Computergestützte Simulation als Hilfsmittel – Höhe des Zuschusses noch nicht bekannt

Von Julia Lauer

Auf dem Heiligenberg deutet nur wenig darauf hin, dass sich hier früher eine keltische Höhensiedlung befand. Das soll sich künftig ändern. Dabei sollen auch moderne Medien zum Einsatz kommen. Archivfoto: kaz

Heidelberg. Um die zwei Jahrhunderte lang waren die Kelten im Heidelberger Stadtgebiet ansässig, auf dem Heiligenberg unterhielten sie wohl einen Fürstensitz – doch davon ist heute, rund 2500 Jahre später, kaum mehr etwas zu sehen. Das soll sich künftig ändern: Das Kurpfälzische Museum arbeitet daran, das keltische Erbe auf dem Heiligenberg neu zu präsentieren. Nun hat das Land am Mittwochabend auf einer Online-Veranstaltung des Museums seine Unterstützung zugesagt.

„Wir sind gerade dabei, das Ganze sozusagen verwaltungsmäßig einzutüten, aber im Prinzip gehört Heidelberg für uns schon zu den Stätten, die gefördert werden“, sagte Andreas Schüle, der im Wissenschaftsministerium in Stuttgart das zuständige Referat leitet. „Der Heiligenberg und das Kurpfälzische Museum sind im Prinzip so gut wie durch“, erläuterte er mit Blick auf die Entscheidung über eine Förderung. Das Land zielt mit dem Programm „Keltenland Baden-Württemberg“ darauf ab, das keltische Erbe des Landes stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken und auch touristisch zu nutzen. Dazu investiert es in Fundstätten und in Museen, die über das Bundesland verstreut sind.

Das Land hatte von Anfang an Bereitschaft signalisiert, die Keltenstätte Heiligenberg und das Kurpfälzische Museum im Rahmen der Keltenkonzeption zu fördern. Seit Mitte November vergangenen Jahres lag dem von Theresia Bauer (Grüne) geführten Wissenschaftsministerium ein entsprechender Antrag des Kurpfälzischen Museums vor. Was noch ausstand, waren eine fachliche Bewertung des Heidelberger Konzepts sowie vertiefende Gespräche mit dem Kurpfälzischen Museum sowie mit der Stadt.

Damit ging es offenbar voran: Im Juni war Referatsleiter Schüle mit dem Keltenbeauftragten der Landesregierung, Thomas Hoppe, in Heidelberg zu Gast, wie er nun erzählte. Dort hätten sie den Heiligenberg und das Kurpfälzische Museum besucht, und Museumsdirektor Frieder Hepp und Renate Ludwig, Leiterin der Abteilung Archäologie und Denkmalschutz, hätten ihnen ihre Vorstellungen zur Präsentation des Berges dargelegt. Auch fanden seither mehrere Abstimmungsrunden statt.

„Auf dem Heiligenberg wird man in Zukunft mehr vom keltischen Erbe dieses Berges sehen als bisher“, fasste Schüle das Vorhaben zusammen. Dabei werde auch „Augmented Reality“ eine Rolle spielen – computergestützte Simulationen. Konkreter wurde Schüle nicht. Und auch sein Haus wollte nicht näher auf die geplanten Maßnahmen eingehen. „Die vom Kurpfälzischen Museum vorgestellten Projekte zur Sichtbarmachung des keltischen Erbes auf dem Heiligenberg und im Museum gehen aus Sicht des Ministeriums in eine sehr gute Richtung“, hieß es von dort auf Anfrage der RNZ.

Auch der Umfang der Förderung steht noch nicht fest. „Deren Höhe wird sich aus dem endgültigen Förderantrag ergeben, der bisher noch nicht vorliegt, den das Museum aber in den nächsten Wochen einreichen wird“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums. Grundsätzlich leistet das Land keinen größeren finanziellen Beitrag als die an den Maßnahmen beteiligte Stadt.

Zu den Besonderheiten des Heiligenbergs zähle, dass er für eine besondere Episode der keltischen Geschichte stehe, würdigte Schüle. Die Kelten waren im fünften und im vierten vorchristlichen Jahrhundert im Stadtgebiet ansässig – und damit in der mittleren Keltenzeit. Aus dieser Epoche gebe es im Land keinen anderen so bedeutenden Ort, hatte Archäologin Ludwig im vergangenen Jahr gegenüber dieser Zeitung erklärt.

„Wir freuen uns sehr über die Botschaft, dass unsere Konzeption wohl auf gutem Wege ist“, erklärte Museumsdirektor Hepp. Staatssekretärin Petra Olschowski will am 28. Oktober nach Heidelberg kommen, um sich ein Bild von den Vorhaben für den Heiligenberg und dem Kurpfälzischen Museum zu machen.

HINTERGRUND

>Kelten in Heidelberg: Im fünften und vierten vorchristlichen Jahrhundert waren Kelten im Stadtgebiet ansässig. Wichtigstes Fundstück ist ein Sandsteinkopf mit Blattkrone, der 1893 in Bergheim gefunden wurde. Lange dachte man, dass der Kopf eine Gottheit zeige. Doch dann wurde im hessischen Glauberg eine menschliche Figur gefunden, ebenfalls mit Blattkrone. Der abgebildete Schmuck tauchte auch in einem Grab auf, sodass es sich um einen Fürsten gehandelt haben muss.

>Heiligenberg als Fürstensitz: Der Glauberger Kopf ähnelt stark dem Heidelberger Sandsteinkopf, weshalb auch ein Fürstensitz in Heidelberg vermutet wird. Zuvor hatte die Doppelwallanlage auf dem Heiligenberg dies schon vermuten lassen. Im Tal wurden zwar schlichte Keltengräber entdeckt – jedoch keines, das als Fürstengrab zu erkennen war.

>Kelten in Baden-Württemberg: Die Entscheidung, die Heuneburg bei Sigmaringen zu einer „Kelten-Erlebniswelt“ auszubauen, war die Initialzündung für das landesweite Förderprogramm. Welche Orte gefördert werden, steht noch nicht endgültig fest. Die Förderung setzt voraus, dass tragfähige Konzepte vorgelegt werden und sich die Orte an der Finanzierung beteiligen. jul

RNZ 07.02.2021

Heidelberg

Die besondere Rolle des Heiligenbergs bei der „Keltenkonzeption“

Baden-Württemberg stellt mit einer „Keltenkonzeption“ die Vielfalt heraus, die das Land bei Fundstücken dieser zeitlich fernen Kultur aufweist.

​Der „Heidelberger Kopf“ (li.) gleicht der Fürstenstatue vom hessischen Glauberg im Kopfputz. Eigentlich eine Steinskulptur dient diese bereits als Vorbild für zahlreiche Kunststoff-Repliken (re.). Dieses Modell (großes Bild) zeigt die Befestigung der keltischen Großsiedlung Heuneburg. Sie gilt als die von Herodot erwähnte Stadt „Pyrene“ und ist Schwerpunkt des Förderprogramms „Keltenkonzeption Baden-Württemberg“. Fotos: KMH Kemmet / Hüll

 

Von Felix Hüll

Heidelberg. „Kann das sein? Guck mal, der sieht doch aus wie Micky Maus!“ Der Junge wendet sich fasziniert der Steinskulptur zu, einem menschlichen Kopf mit zwei Wulsten daran. Mit etwas Fantasie erinnern sie wirklich an Mausohren wie die der Walt-Disney-Comicfigur. Aber der Steinkopf ist erheblich älter: so ungefähr 2400 Jahre. Gefunden wurde er 1893 auf dem Grundstück Bergheimer Straße 50 – als Teil einer Männerstatue aus der sogenannten Frühlatènezeit ist er eine Hinterlassenschaft der Kelten in der Region um den Heidelberger Heiligenberg.

Er ist ein Symbol für Heidelbergs besondere Stellung innerhalb der „Keltenkonzeption“ Baden-Württembergs. Das ist ein Projekt, das die historische Bedeutung des Landes für diese Kulturepoche erfasst, bündelt und besser als bisher vermitteln will.

Dazu muss man wissen, dass die Kelten sich territorial nicht nach heute gültigen Grenzen von Staaten oder Nationen in Schubladen stecken lassen. Die keltische Kultur wird in einer Zeitspanne von etwa 800 vor Christus bis um die Zeitenwende verortet und erstreckte sich im Kern von Spanien, Frankreich über Süddeutschland bis hin nach Tschechien und Ungarn.

Wer waren die Kelten? „Sie sollen das erste europäische Volk gewesen sein, obwohl sie nie einen Staat, wie etwa das Imperium Romanum bildeten. Sie hatten vielfältige ethnische Identitäten.“ So erklärt es Renate Ludwig vom Kurpfälzischen Museum Heidelberg. Sie ist dort die Leiterin der Abteilung Archäologie und Denkmalschutz.

Woher rührt dieses Interesse an einer vergangenen Kultur, von der es im Vergleich etwa zur römischen oder mittelalterlichen Geschichte ungleich weniger Schriftzeugnisse und Fundstücke gibt?

Ludwig: „Je älter die Vergangenheit ist, desto symbolkräftiger wird sie empfunden. Die Kelten am Übergang zwischen Urgeschichte und der mit zeitgenössischen Quellen belegten Geschichte sind dafür ein hochaktuelles Beispiel.“ Die Kelten selbst haben keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen. Wir wissen relativ viel durch römische und griechische Autoren, die Zeitgenossen der Kelten waren. Das ist aber immer noch wenig genug. Es eröffnet der Fantasie jede Menge Spielraum. Und nicht alles, was über Kelten veröffentlicht wird, hält wissenschaftlichen Kriterien stand.

Ludwig: „Gerade in den letzten 30 Jahren ist die vermeintlich heile Welt der Kelten Gegenstand esoterischer Sehnsüchte und gilt als ’ganzheitlich’, ’authentisch’, ’naturnah’. Wir Archäologen sehen diese pseudofolkloristische Keltomanie mit Kopfschütteln.“

Nachgewiesen haben die Altertumswissenschaften in der Frühzeit der keltischen Kultur Fürstensitze und für eine spätere Periode stadtähnliche Siedlungen, „Oppida“ genannt. Aber jene „naturnahen“ Kelten rodeten auch die Wälder und trugen selbst untereinander ständig Konflikte aus.

Die Bilder von Druiden in harmonischem Einklang mit der Natur wie den Mitmenschen geht zurück auf romantische Bilder einer keltischen Gesellschaftsordnung. Ihren Ursprung haben sie im Irland des 17. Jahrhunderts. Von dort verbreiteten sie sich in Europa bis zu den heute im Internet anzutreffenden Druidenorden unterschiedlichster Couleur. Die Kelten selbst haben dazu keine Schriftquellen überliefert, und manche Fundstücke dokumentieren ganz andere Verhaltensweisen. Alexander Heinzmann ist Autor des Buches „Die Ringwälle auf dem Heiligenberg bei Heidelberg – Keltischer Fürstensitz oder Keltenstadt?“ Er glaubt, dass man dies von der Keltenzeit lernen könne: „Sie waren zweimal auf den Weg zu einer Hochkultur und sind zwei mal abgebogen. Die Gründe dafür sind unsicher.“ Aber verschwenderischer Umgang der Kelten mit natürlichen Ressourcen wie den Wäldern um die Oppida-Großsiedlungen gilt laut Heimatforscher Heinzmann als belegt – „und das ist etwas, was man aus dieser Zeit lernen könnte.“

Trefflich ließe sich so ein Nach-Denken in einem Museum anregen: Für den Ausbau bisheriger Angebote und Keltenschauplätze im Land sollen zehn Millionen Euro Fördermittel im Rahmen der Keltenkonzeption ausgegeben werden. Das hat die Landesregierung 2019 beschlossen. Für den Heiligenberg liegen zwar Pläne für Modernisierung und Ertüchtigung des bestehenden Keltenwegs vor. Sie reichen aber wohl noch nicht aus, um die entsprechenden Anträge mit Aussicht auf Erfolg stellen zu können.

Die zuständige Kunststaatssekretärin im Wissenschaftsministerium, Petra Olschowski, erklärt, dass noch im ersten Quartal (wohl im März) Vertreter des Ministeriums zu einem Vor-Ort-Termin nach Heidelberg kommen wollen, um mit den Antragstellern u.a. im Kurpfälzischen Museum die vorliegenden Konzeptentwürfe abzustimmen. Innerhalb Baden-Württembergs zeichnet den Heiligenberg der Blick über die (heutigen) Landesgrenzen aus: die Gegend hier soll in einer Beziehung zum Glauberg in Hessen gestanden haben wie auch der Donnersberg und Bad Dürkheim in Rheinland Pfalz.

Rein optisch legt dies schon der Fund der Glauberger „Fürstenstatue“ nahe – diese im Juni 1996 in einem Grabhügelumfeld gefundene Skulptur trägt eine ganz ähnliche Kopfbedeckung wie das Heidelberger Keltenhaupt. Die beiden Micky-Maus-Ohr-ähnlichen Wülste am Heidelberger wie Glauberger Kopf werden als Mistelblatt-Krone gedeutet. Sie kennzeichnen seinen Träger als hervorgehobenen einflussreichen Menschen, einen Krieger oder Wissenden, eventuell Druiden/Priester.

Eine solche Außenbeziehung der Siedlung auf dem Heiligenberg zählt zur Vielfalt keltischer Kultur auf dem Gebiet Baden-Württembergs. Sie ist bislang aber eher nur Fachleuten ein Begriff. Die Keltenkonzeption soll sie wie auch die Besonderheiten der anderen Keltenorte einem breiteren Publikum besser als bisher verdeutlichen und dazu einladen, sich das näher anzusehen..

Für Heidelberg ist dabei eine sanfte Erschließung des Heiligenbergs mittels eines „Keltenparks“ angedacht. Mit der Schutzgemeinschaft Heiligenberg und der Handschuhsheimer Geschichtswerkstatt um deren Keltenexperten Alexander Heinzmann entstand ein Entwurf. Ins Auge gefasst ist u.a. der Nachbau einer keltischen Pfostenschlitzmauer, wie sie inzwischen auch für die Ringwälle um den Heiligenberg nachgewiesen wurde.

Mit Hilfe einer App soll das erforderliche Hintergrundwissen über Heidelbergs Keltenzeit bereitgestellt werden. Die Umgebung wenig beeinträchtigende Pfosten könnten einen QR-Code tragen, der das Abrufen der entsprechenden Internetseite ermöglicht.

Nur: Wenn das Vorhaben gelingt, steht zu befürchten, dass zu viele neue Kelten-Fans mit dem Auto auf den Berg kommen. Der Heiligenberg als Kelten-Drive-In? Ludwig: „Das soll kein zweiter touristischer Hotspot wie das Schloss werden.“ Sie kalkuliert für dieses Projekt mit einem sechsstelligen Betrag. Sobald der Keltenkonzeption-Zuschlag bewilligt sei, könne man das Vorhaben im Zeitraum von bis zu drei Jahren verwirklichen.

Wer so lange nicht warten möchte, kann schon jetzt ein fertiges Museum besuchen: 140 Kilometer nördlich von Heidelberg befindet sich die „Keltenwelt am Glauberg“, die neben den lokalen Funden auch die Geschichte der Kelten allgemein nachzeichnet.

Info: www.verein-keltenwelten.dewww.mwk.baden-wuerttemberg.de (Stichwort: Keltenland)

Vielfalt keltischer Fundstätten in Baden-Württemberg:

1) Heuneburg – Herodots Keltenstadt „Pyrene“ – heute Freilichtmuseum, beschilderter Wanderweg, Museum Hundersingen nahebei, geplanter Ausbau als Schwerpunkt mit Besucherzentrum

2) Ipf – frei stehendes Berggipfelplateau, Freilichtanlage mit Gebäude-Nachbauten, Museum in Bopfingen, Besucherzentrum geplant

3) Heidengraben – größte befestigte spätkeltische Großsiedlung (Oppidum) Europas, Museum Grabenstetten, Erlebnispfad, Besucherzentrum geplant

4) Hochdorf – Fürstenprunkgrab: Museum ist bisher eine der umfassendsten Keltengeschichte-Präsentationen in Baden-Württemberg (geplant: digitale Ergänzungen), nahebei Hohenasperg/Ludwigsburg

5) Landesmuseum Württemberg – keltische Schwerpunktsammlung in Stuttgart

6) Finsterlohr – zwischen Tauberbischofsheim und Rothenburg gelegene Großsiedlung (Oppidum)

7) Magdalenenberg – Fürstinnen-Groß-Grabhügel, Keltenfunde im Franziskanermuseum Villingen-Schwenningen (geplant: digitale Ergänzungen)

8) Keltenregion Breisgau – zentriert im Museum Colombischlössle Freiburg (geplant: digitale Ergänzungen), Oppidum „Tarodunum“ nahebei in Kirchzarten

9) Münsterberg Breisach – überbauter keltischer Fürstensitz,Grabhügel, Museum für Stadtgeschichte Breisach

10) Archäologisches Landesmuseum – Konstanz, Präsentation der allgemeinen Erkenntnisse der Landesarchäologie

11) Doppeloppidum Altenburg (D) und Rheinau (CH), keltisches „Handelszentrum“ veranschaulicht das weit verzweigte Netz keltischer Wirtschaftsbeziehungen

12 ) Heiligenberg Heidelberg – keltischer Mittelpunkt als Handelszentrum am Unteren Neckar, beschilderter Weg, Funde insbesondere neu der letzten Jahrzehnte im Kurpfälzischen Museum, (weitere digitale Ergänzung angedacht), Ausgrabungen Keltisches Handwerk Dossenheim des Landesamts für Denkmalschutz in Planung

13 ) Badisches Landesmuseum Karlsruhe u.a. mit „Heidelberger Kopf“ und modernen Präsentationsformen wie Virtual Reality

14 ) Donnersberg – Keltenweg, Siedlungs-Nachbauten, Museum (Rheinland-Pfalz)

15 ) Glauberg – hessisches Museum „Keltenwelt Glauberg“ sowohl mit allgemeiner keltischer Geschichte wie mit der von der überregionalen Bedeutung dieses Fürstensitzes, Rundwanderweg, Grabhügel

16 ) Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) – Museum, „Heidenmauer“ Keltenstadt, Höhensiedlung, Fürstengrab (fhs)